Breitbandausbau: Wo bleibt die Datenautobahn für alle?

Die Telekom hatte zu einer Info-Veranstaltung ins Rathaus Vockenhausen eingeladen, die für viele Teilnehmer mehr Fragen und Frust übrig ließen, als man bei den vollmundigen Ankündigungen hätte erwarten können. Gerade zur Zeit vor der Kommunalwahl klingt es gut, und wurde auch gerne zu Beginn von Bürgermeister Simon betont, dass dank der Investition des Main-Taunus-Kreises und seines Landrats Michael Cyriax (CDU) nun auch Eppstein durch den Breitbandausbau an die Datenautobahn angeschlossen werde. Heraus kam aber, dass wohl nur einige die volle mögliche Bandbreite von 100 Megabit/Sekunde bekommen dürften.

 Dies wird etwa in Bremthal im Bereich der Waldallee und des Hessenrings möglich sein, aber z.B. nicht im Gewerbegebiet Valterweg. Die Telekom unterschied bei ihrer Vorstellung zwischen Gebieten, die bis zu 50 Mbt/s und jenen, die bis zu 100 Mbit/s erreichen können. Wobei hier ganz stark die Betonung auf „bis zu“ zu legen ist. Denn in beiden Zonen hängt die tasächlich zu erreichende Datenrate von der Entfernung des jeweiligen Haushalts vom MFG (Multifunktionsgehäuse), also dem Verteilerkasten ab. Bis dorthin geht die Glasfaserleitung und von dort über das vorhandene Kupferkabel weiter bis zum Teilnehmer. Und je größer diese Entfernung ist, desto geringer die Datenrate. Zwangsläufig wird im Übrigen aber so oder so, das Telefonieren übers Internet spätestens ab 2018 sein. Und wie die Sprachqualität etwa im Bereich niedriger Datenraten sein wird, bleibt abzuwarten. Was für den Einzelnen nun zu erwarten ist, konnte oder wollte man nicht verraten. Seltsamerweise, so wurde an den Informationsständen der Telekom erklärt, kann man dies erst zum Zeitpunkt der Fertigstellung im März sagen, wenn neue Verträge abzuschließen sind. Das trifft sich gut, denn dann sind die Kommunalwahlen gelaufen, sodass sich die Enttäuschung Vieler, nur Bürger 2. oder 3. Klasse zu sein, nicht im Wahlergebnis mehr niederschlagen kann. Kalkül oder Zufall? Mutmaßungen gehen in einigen Fällen von vielleicht 16 Mbit/s maximal aus. Sicherlich wäre das etwa für Niederjosbach auch ein Fortschritt. Gemessen an dem, was möglich ist, wird man weiterhin nicht auf der Datenautobahn, sondern auf holprigem Datenfeldweg unterwegs sein. In der Lokalpresse wurde bereits getitelt:„ Niederjosbach behält sein Schnarchnasen-Internet“. In einigen Teilen Vockenhausens etwa ist es auch nicht besser, wenn dort auch ein anderer Betreiber als die Telekom zuständig ist. Und so fragt man sich doch eher, ob „Schnarchnasen“ am Werke waren, die eine solche Situation herbeigeführt haben. Die Ausschreibung, die die Telekom gewonnen hat, hätte doch zur Bedingung haben müssen, dass eine größtmögliche Bandbreite mit möglichst geringen (!) Differenzen, also relativ gleichmäßig, allen Haushalten zur Verfügung gestellt wird. So dürften etwa in Bremthal auf der einen Straßenseite 100 Mbit/s und auf der anderen höchstens 50 Mbit/s möglich sein. Die großtmögliche Gleichbehandlung aller Bürger müsste doch auch bei durch öffentliche Mittel geförderten Projekten oberste Priorität haben und nicht dem Gutdünken eines vor allen Dingen wirtschaftlich orientierten Unternehmens obliegen. Oder war die Stadt an der Misere unmittelbar selbst beteiligt oder der Kreis? Man fragt sich etwa, warum von der Guldenmühle zur Obergasse bereits Lerrohre liegen, die eben diesem Breitbandausbau dienen sollten, aber, wie zu hören ist, nun den Weg über Vockenhausen nach Niederjosbach nehmen. Da wäre möglicherweise ein Zusammengehen mit unseren Nachbarstädten, etwa Niedernhausen, ein besseres Modell gewesen. Im Rheingau-Taunus-Kreis ist eben dies geschehen. Dort haben Gemeinden eine gemeinschaftliche Ausschreibung zum Breitbandausbau vorgenommen. Den Zuschlag hat wiederum die Telekom erhalten. Dort werden wohl die Gemeinden so klug sein, zu bestimmen, wie der Ausbau stattzufinden hat. Alternativ hätten die Gemeinden, so ist zu hören, auch den eigenen Ausbau vorgesehen und die Leitungen an Provider vermietet. Hätte man so im Main-Taunus-Kreis bzw. Eppstein verfahren, hätte man den anteiligen Zuschuss des Kreises für dieses Projekt einsetzen können.
Die SPD wird sich auf jeden Fall dafür einsetzen, dass in allen Bereichen Eppsteins ein mit dem
Vectoring möglicher Standard von 100 Mbit/s erreicht wird. Wie schreibt die Telekom auf einer ihrer Web-Seiten (https://www.telekom.com/innovation/netz-der-zukunft/170054): „Mit der Netztechnologie Vectoring kann der Datendurchsatz auf bestehenden Kupferleitungen mit vergleichsweise geringem Aufwand verdoppelt werden.“ Na, dann!
Jürgen Baesler