Sachlich geht so

Gerade in der heutigen Zeit, in der immer wieder von Alternativen Fakten die Rede ist, müssen wir uns die Fakten vor Augen halten und basierend auf eben diesen Schlüsse ziehen. Dies haben wir bereits in der Eppsteiner Zeitung vom 15. März getan im Zusammenhang mit der unseres Erachtens nicht notwendigen Erhöhung der Grundsteuer B. Des Weiteren hat der Unterzeichner dieser Meldung in seiner Funktion als Juso-Vorsitzender des Kreises zu einem Vorgang im Landratsamt Stellung bezogen. Dies veranlasste den Vorsitzenden der CDU Stadtverordnetenfraktion in der Eppsteiner Zeitung eine seiner Meinung nach sachliche Diskussion einzufordern.

Es ist Wahlkampf und so werden die vermeintlichen Verdienste des Landrats in höchsten Tönen gelobt. Sachlich ist hierzu aber aus unserer Sicht anzumerken: Der Landrat hat in der Tat die letzten Jahre gezeigt, was er kann, nur leider war es nicht so beeindruckend, wie jetzt von manchen getan wird. Die Schulen sind nicht so gut in Stand gehalten, wie es bei einem Kreis mit unseren Mitteln sein müsste. Dort endlich zu handeln und eine energetische Sanierung anzugehen, wurde 2015 von den Regierenden abgelehnt. Beim Breitbandausbau musste der Landrat immer wieder durch Anfragen und Anträge dazu motiviert werden, endlich tätig zu werden. Von eigenem Antrieb kann nicht die Rede sein.
Die Fusion der Kliniken war ein Desaster. Die Höchst-Kliniken haben große finanzielle Belastungen, durch einen Neubau und ab 2022 haftet der Gesamtkonzern dann gemeinsam. Die Main-Taunus Kliniken werden deshalb rote Zahlen schreiben und wirtschaftlich den Bach runter gehen. Der Kreishaushalt ist in gutem Zustand. Das liegt daran, dass die Kreisumlage steigt, also die Kommunen des Kreises mehr Geld abgeben müssen. Die Einnahmenseite ist folglich gestiegen dank der Kommunen. Die Ausgaben des Kreises sind die historisch größten, die wir je erlebt haben. Die Konsolidierung stemmen die Kommunen, unter anderem auch Eppstein. Der Verdienst des Landrats ist der ausgeglichene Haushalt nicht. Die SPD hat zum Haushalt 2017 gefordert, die Kreisumlage auf das Volumen von 2015 abzusenken. Kreis- und Schulumlagesatz hätten dafür von 50,6 % auf 47% abgesenkt werden müssen, was rechtlich möglich ist. Dadurch wären alle Städte entlastet worden und Eppstein hätte 629.000 Euro gespart.
Die Grundsteuer B Erhöhung bringt knapp 650.000 Euro ein, es ist also fair zu sagen, dass die Erhöhung hätte verhindert werden können. Der Kreis hätte 17,127 Mio. Euro verloren, aber hätte dies durch Rücklagen aus dem dritten Quartal von über 17,502 Mio. Euro ausgleichen können. Kommunen zum Sparen und Steuererhöhen zu zwingen, während der Kreis das Geld selbstsüchtig hortet, ist zutiefst unmoralisch und das vorbildliche Verhalten eines integren Landrats sieht anders aus.
Auch beim Raum Peter Nida, der nach einem SPD Widerstandskämpfer der Nazizeit benannt ist,  hätte der Skandal vermieden werden können. Im Dezember 2016 wurde die SPD aus dem Nichts während der Weihnachtsfeiertage beiläufig darüber informiert, dass der Raum Peter Nida umbenannt wird. Bis in den März hin drückte sich der Landrat dann vor dem klärenden Gespräch, um welches er immer wieder gebeten wurde. Die angebotene Alternative, irgendeinen Nebenraum nach Peter Nida zu benennen, ist unzureichend. In der Tat handelte es sich hier, ab einem gewissen Punkt, um einen internen Verwaltungsvorgang. Warum ein Landrat jedoch nicht erkennt, dass das Entfernen eines Andenkens an einen SPD Widerstandskämpfer gegen den Nationalsozialismus, ein sensibler Vorgang ist und deshalb nicht nebenbei einem Mitarbeiter anvertraut werden kann, ist weiterhin unklar. Den Landrat als integer zu bezeichnen ist völlig verfehlt. Seine eigene Verwaltung ist unzufrieden mit ihm und selbst der Kreisgeschäftsführer seiner eigenen Partei beschimpfte ihn bereits öffentlich aufs übelste. Das Anmahnen von mehr Sachlichkeit, sollte zukünftig eher ein Apell nach innen, als nach außen sein. Wenn wir nun, wie anfangs beschrieben, aufgrund der Fakten unsere Schlüsse ziehen, dann kommen wir zu dem Ergebnis, dass integer die völlig falsche Beschreibung für diesen Landrat ist und seine “zahlreichen Erfolge“ sich bei genauerem Hinsehen, als Desaster herausstellt.
Julian Weinfortner