Betriebsräte in Eppstein?

Die Vertreter der SPD in Magistrat und Ausschüssen der Stadt nehmen regelmäßig an Betriebsbesuchen im gesamten Eppsteiner Stadtgebiet teil. Dabei ist es erfreulich zu sehen, dass es vielen Unternehmen wirtschaftlich gut geht. Sie besetzen innovativ Nischenmärkte, die sehr profitabel sind. Arbeitsschutz- und Umweltauflagen werden ernst genommen. Was uns aber auffällt ist, dass diese oft noch von Familien oder Eignern selbst geführten Firmen in aller Regel keinen Betriebsrat haben. Das gängige Argument ist dann: "Ich kenne hier noch jeden Mitarbeiter bei Namen, und wer was will, kann jederzeit persönlich zu mir kommen".

Nun weiß aber jeder, der einmal bei einem kleinen oder mittleren Betrieb gearbeitet hat, erst recht im gewerblichen Bereich, dass es dort immer Dinge gibt, die man – meist sogar einfach und kostengünstig – verbessern könnte, sich aber niemand traut, es dem Chef zu sagen. Zu groß ist die Abhängigkeit von einer Person. Da kann ein Betriebsrat Abhilfe schaffen. Die Mitarbeiter haben das Recht, eine Arbeitnehmervertretung zu wählen, sobald im Unternehmen mindestens fünf ständig wahlberechtigte Arbeitnehmer tätig sind. Drei davon müssen wählbar sein. Sie dürfen dabei von der Firmenleitung nicht behindert werden.
Die Personen, die sich zur Wahl stellen, müssen folgende Vorgaben erfüllen:
Mindestalter von 18 Jahren; keine leitende Funktion im Unternehmen; Betriebszugehörigkeit von mindestens 6 Monaten.
Folgende Mitarbeiter sind neben den ständigen auch wahlberechtigt:
Auszubildende ab Erreichen des 18. Lebensjahres; Tele- und Heimarbeiter, die überwiegend für den Betrieb tätig sind; Außendienstmitarbeiter, die überwiegend für das Unternehmen aktiv sind; Leiharbeitnehmer, wenn diese länger als 3 Monate für das Unternehmen tätig sind; Mitarbeiter anderer Unternehmen, die für einen Zeitraum von mehr als 3 Monaten überlassen werden, ab Beginn des vierten Monats; Leitende Angestellte sind von der aktiven und passiven Wahl ausgeschlossen.
Ein angehender oder bereits gewählter Betriebsrat oder Betriebsrätin ist in der Regel Mitglied einer Gewerkschaft (mit automatischem Rechtsschutz), muss dies jedoch nicht sein. Nicht nur während seiner Amtszeit (und ein Jahr danach) genießt ein Betriebsrat Kündigungsschutz – schon vor der Wahl wird er oder sie gesetzlich geschützt: Alle Wahlbewerber ab dem Zeitpunkt der Aufstellung des Wahlvorschlages bis 6 Monate nach Bekanntgabe des Wahlergebnisses. Auch Arbeitnehmer, die durch eine Einladung zur Betriebs- oder Wahlversammlung, oder durch einen Antrag beim Arbeitsgericht die Initiative zu einer Betriebsratswahl starten, und sogar die Mitglieder des Wahlvorstandes vom Zeitpunkt ihrer Bestellung bis 6 Monate nach Bekanntgabe des Wahlergebnisses sind geschützt.
Der Arbeitgeber ist verpflichtet, den Betriebsrat über alle die Arbeitnehmer betreffenden Vorhaben auf der Arbeit rechtzeitig zu informieren. Die Betriebsrat hat ein unverzichtbares Mitspracherecht bei:
Allen Personalangelegenheiten (zum Beispiel Einstellung, Beförderung, Abmahnung, Entlassung…) Überwachung aller auf die Arbeitnehmer anzuwendenden Gesetze, Bestimmungen und Vereinbarungen Sozialplänen, Entlohnung, Arbeitszeiten oder Urlaubsregelungen Gestaltung von Arbeitsabläufen und der Arbeitsplatzumgebung sowie Überwachung der Einhaltung von Umweltschutzbestimmungen oder Unfallverhütungsvorschriften Allen personellen Veränderungen.
Ein Betriebsrat ist keine Pflicht – er bringt jedoch Vorteile für alle! Viele Unternehmer sehen leider darin, dass ein Betriebsrat kein Muss ist, für sich einen Vorteil. Jeder Betriebsrat hat aber auch die Pflicht, die Beschäftigung der Arbeitnehmer mit allen Mitteln zu fördern und zu sichern. Zahlreiche Untersuchungen zeigen, dass Unternehmen von der Zusammenarbeit mit dem Betriebsrat profitieren: sie haben eine überdurchschnittliche Produktivität trotz etwas höheren Lohnniveaus, die Personalfluktuation ist geringer, Loyalität und Identifikation größer. Wir Eppsteiner SPD-Vertreter haben in den letzten Jahren mehrfach von einseitig die Arbeitnehmer benachteiligenden Arbeitszeitkonten, kurzfristigen Zwangsurlauben und geringen Überstundenzuschlägen sowie relativ wenigen Sozialleistungen gehört. Da stellt sich doch die Frage: Warum sollten nicht auch kleine und mittlere Unternehmen in Eppstein eine Arbeitnehmervertretung haben?
Dr. Dieter Falk