Wie beim Radweg von Eppstein nach Bremthal, bei welchem seit 40 Jahren wenig passiert war. Durch Radkorso und ebenfalls von der SPD initiierter Petition wurden wohl weniger Wiesbaden und Hessen Mobil als vielmehr der Bürgermeister und CDU und Grüne aufgeschreckt. Es galt noch rechtzeitig vor der Kommunalwahl auf den Zug aufzuspringen. Weitere Themen der Haushaltsrede waren Klimaschutz und wirtschaftliche Nutzung erneuerbarer Energien, zentrale Versorgung mit Wärme und Energie, Grundsteuer, beitragsfreie Kinderbetreuung und bezahlbarer Wohnraum.
Die Haushaltsrede der SPD-Fraktion von Reinhardt Taube ist im vollen Wortlaut nachstehend aufgeführt:
Haushaltsrede 2021
„Einen Haushalt in Zeiten von Corona aufzustellen ist gewiss nicht einfach. Auf einen so vorgelegten Haushalt als Opposition zu reagieren, ist ungleich schwieriger, zumal während der Besprechung des Entwurfs in wunderbarer Weise fast alle Anträge aus Ortsbeirat und SPD-Fraktion thematisch übernommen wurden. Ob hier die bevorstehende Kommunalwahl ihren Schatten vorauswirft und die Mehrheitsfraktionen Angst davor haben, irgendein Thema nicht zu besetzen und andere Fraktionen ihnen hier voraus sind? Man möchte die anderen Fraktionen nötigen, dem Haushalt zuzustimmen. Aber es ist und bleibt nicht unser Haushalt, auch wenn durch blitzartige Reaktionen die Tatsachenlage noch schnell verändert wurde. Beispiel Radweg zwischen Eppstein und Bremthal. Hier wurden zwar immer wieder niedrige Summen in die vergangenen Haushalte eingestellt, aber ohne den festen Willen, den gesamten Radweg wirklich durchzuziehen. Es bedurfte erst einer SPD-Initiative mit Mobilisierung der betroffenen Radfahrer und einer Petition mit über 500 Unterschriften, um Leben in den Vorgang zu bringen. Im Haushaltsentwurf waren 5 000 € für die Planung vorgesehen. Völlig realitätsfern, aber genug, um als Platzhalter den scheinbaren Willen zu zeigen. Die ganze Sache änderte sich schnell als die SPD 100 T€ für die Planung in diesem Jahr und noch einmal 100 T€ für das nächste Jahr forderte. Dann kam Bewegung in die ganze Sache. Der Bürgermeister und die Verwaltung wurden aktiv und sehr schnell war man sich auf Verwaltungsebene einig, das Vorhaben zu priorisieren, bei Vorfinanzierung der Planungskosten durch die Stadt Eppstein. Man bezifferte nun die Planungskosten auf 500 T€, was deutlich zeigt, dass der ursprüngliche Ansatz viel zu niedrig war. Um nicht ganz auf die SPD-Forderung einzugehen, setzte man nun 75 T€ in diesen und den nächsten Haushalt ein. Uns ist es eigentlich egal, wer sich zum Schluss den Lorbeerkranz aufsetzt – Hauptsache es ist Bewegung in die Sache gekommen. Wir, die SPD, haben noch mehr Baustellen, die wir auf ähnliche Weise angehen möchten. Wir denken an dieser Stelle beispielhaft an unsere Forderung von zusätzlichen Mitteln zur Straßeninstandhaltung. Nur so bewegt sich in Eppstein anscheinend etwas.
Doch zurück zum Haushalt.
Unsere Kämmerin hat uns einen der Hauptmängel unserer Haushalte benannt. Wir haben einfach zu wenig Einnahmen. Hier ist Ideenreichtum gefragt. Eine Verbesserung der Einnahmen erreicht man nicht, indem man immer weiter die ausgetretenen Pfade beschreitet. Hier muss man auch einmal neue Wege suchen, finden und diese dann auch nutzen. Andere Kommunen in Deutschland machen es uns vor. Zum Beispiel auf dem Energiesektor bieten sich für Kommunen unserer Größenordnung gute Möglichkeiten, sich durch Konzessionen, Pacht und Beteiligungen an den Einnahmen zu beteiligen. Aber Einstellungen wie „bloß keine Windräder“ und „Photovoltaik nur für Privatanwender“ bringen uns da nicht weiter. Die Zentrale Versorgung unserer Häuser mit Wärme und Energie durch zentrale Anlagen mit Kraft/Wärmekopplung ist auch eine Möglichkeit. Es wäre zudem ein guter Beitrag zum Klimaschutz. Eine einzelne Heizungsanlage erzeugt nur einmal Abgase, ist leichter zu optimieren und damit umweltfreundlicher als hunderte Kleinanlagen pro Stadtteil.
Auch die Unterstützung durch Kreis und Land lässt sehr zu wünschen übrig. Ohne Scham erhöhen sie auch in diesen schwierigen Zeiten die Umlagen. Hier regiert schwarz/grün einfach durch. Gelder aus Berlin werden nicht einfach, wie in den anderen Bundesländern, durchgereicht, sondern durch zwischengeschaltete Regelungen in die Willkür der Landesregierung unter Umgehung des Parlaments gestellt. Damit sind wir nicht einverstanden. Auch die direkte Unterstützung des Landes Hessen für seine Kommunen ist unzureichend. Unausgeglichene Haushalte auch deshalb die zwingende Folge.
Das Thema Gewerbesteuer ist für die Mehrheitsfraktionen aus CDU und Grünen! ein Tabu. In diesem Jahr ist eine Erhöhung zwar pandemiebedingt problematisch- aber sollte die Lage sich beruhigen, ist sie für die SPD mit Sicherheit eine Überlegung wert. Die Grundsteuer B ist in der näheren Vergangenheit ja kräftig angehoben worden. Die Rechnung zahlen Grundbesitzer und Mieter. Sie können sich nur schwer der Zahlung entziehen. Hier gibt es auch keine Abschreibungsmöglichkeiten und sonstiges – auch wenn man noch so viel in die Immobilie investiert. Aus unserer Sicht ungerecht. Und man kann noch nicht absehen, was die Reform der Grundsteuer bringt.
Einer der größten Posten auf der Ausgabenseite sind die Aufwendungen für die Kinderbetreuung. Aus unserer Sicht gut angelegtes Geld, das die Zukunft unserer Jüngsten sichern soll und entscheidend zur Verbesserung des Sozialverhaltens beiträgt. Eine vollständige Gebührenfreiheit bei der Kinderbetreuung bleibt deshalb für uns auf der politischen Agenda. Aber trotz der enormen Summen, die wir Jahr für Jahr investieren, hat die Stadt die Zeichen der Zeit verkannt. Der Trend, dass in immer mehr Familien beide Elternteile berufstätig sind und deshalb auf kommunale Kinderbetreuung angewiesen sind, wurde viel zu spät erkannt. Die Möglichkeiten von Blitzreaktionen durch Container- und Waldkindergarten sind ausgereizt. Trotzdem fehlen laut Kindergartenbedarfsplan aktuell ca. 50 Plätze in den angebotenen Einrichtungen. Der Bau des neuen Kindergartens kommt viel zu spät und hilft uns kurzfristig nicht weiter. Wir in Eppstein waren einmal für zuziehende junge Familien attraktiv, weil wir ausreichend Kinderbetreuungsplätze anbieten konnten. Zurzeit bleibt im Notfall nur der Verweis auf den Kreis; aber hier einen wohnortnahen Platz zu erhalten ist unwahrscheinlich. Ein selbst geschaffenes Problem.
Die Bilanz der Bevölkerungsentwicklung zeigt deutlich, dass – ohne eine städtebauliche Weiterentwicklung – unsere Stadt einen Einwohnerschwund zu verzeichnen hat. Hier muss dringend gegengesteuert werden. Wir haben in unserer Stadt zwar genügend Ein- und Zweifamilienhäuser aber nicht genügend bezahlbaren Wohnraum – auch für junge Familien, die sich kein Eigenheim leisten können. Durch Nutzung der bestehenden Möglichkeiten in Bremthal, Niederjosbach und Vockenhausen muss in absehbarer Zeit hier dringend Abhilfe geschaffen werden. Zugunsten junger Familien und Senioren, die dadurch in Eppstein gehalten oder angesiedelt werden können.
Betrachtet man diese, aus unserer Sicht, Mängel in dem Gesamtkonzept der Stadt Eppstein und betrachtet dann den vorgelegten Haushalt fällt es der SPD schwer, trotz einiger kurzfristig ausgelegten Köder, dem Haushalt zuzustimmen. Es ist halt kein SPD-Haushalt. Es ist ein Haushalt, für den die Fraktionen von CDU und Grünen die Verantwortung tragen. Und das sollen sie auch tun.
Wir wollen aber die enormen Anstrengungen von Verwaltung und Frau Bergold honorieren, die sich in diesen schwierigen Zeiten bemüht haben, unter den gegebenen städtischen und überörtlichen Rahmenbedingungen einen ordentlichen Haushalt vorzulegen. Deshalb werden wir dem Haushalt zwar nicht zustimmen, haben aber den Mitgliedern unserer Fraktion vorgeschlagen, sich der Stimme zu enthalten“.
(Reinhardt Taube)