Haushaltsrede der SPD-Fraktion
Es war noch nie einfach gewesen für die SPD als Teil der Opposition zum jeweils vorgelegten Haushalt Stellung zu nehmen. Aber in diesem Jahr wird es durch die äußeren Umstände noch schwieriger gemacht. Aber nicht alles in dem vorgelegten Haushalt ist auf die derzeitigen globalen Einflüsse zurückzuführen. Der Trend hat
sich schon in den letzten Jahren deutlich abgezeichnet. Es ist zwar immer wieder, gelungen, das geplante Defizit am Ende des Haushaltsjahres etwas abzumildern, aber die Grundtendenz bleibt.
Eine Stadt wie Eppstein hat einfach zu geringe Einnahmen und das bei Steuereinnahmen von 22 Mio. Euro, Transferleistungen von 790.000 Euro und Schlüsselzuweisungen von 4 Mio. Euro. Das alleine sind Einnahmen von 26,8 Mio. Euro. Aber bevor die Freude darüber zu groß wird, erscheinen auf der Gegenseite an den Kreis und das Land zu zahlende Umlagen von 12,15 Mio. Euro. Im Ergebnishaushalt, der Zusammenfassung aller Ein- und Ausgaben von Eppstein summiert sich das geplante Defizit auf knapp 1,9 Mio. Euro.
Bei einem solchen Planergebnis ist eigentlich ein detaillierter Konso-lidierungsplan zwingend vorgeschrieben. Aber Eppstein ist in dieser Situation Gott sei Dank nicht alleine. Vielen Kommunen in Hessen geht es genauso wie uns. Das haben wohl auch die übergeordneten Stellen bemerkt und die Voraussetzungen geschaffen, um die mit erheblichem Aufwand für die einzelnen Kommunen verbundenen Belastungen abzumildern. Dadurch, dass man erklärt, wie man es schafft, im Jahre 2026 kein Defizit mehr zu erzielen, muss ein solches bis auf die einzelnen Haushaltspositionen heruntergebro-chene Konsolidierungskonzept nicht aufstellen. Es sind eben viel zu viele Kommunen in Hessen in der gleichen Lage.
Die Gründe der desolaten Finanzlage vieler Kommunen, auch in Eppstein, haben viele Ursachen. Der größte Brocken in der Belastung des städtischen Haushalts sind die Aufwendungen für die Kinderbetreuung. Hier fordert die Eppsteiner SPD, und sie ist mit dieser Forderung im Lande nicht alleine, die Kinderbetreuungseinrichtungen als Teil unseres Bildungssystems analog den Schulen anzusehen. Die Schulen sind Ländersache und die Länder sind auch für eine ausreichende Finanzierung zuständig. Das Land Hessen lässt hier jedoch die Kommunen im Regen stehen. Es werden zwar immer neue Erlasse zur Größe und Art der Einrichtungen verfasst. Die einzelnen Gruppen sollen immer kleiner, die Zahl der ausgebil-deten Betreuer*innen pro Gruppe, trotz Flaute auf dem Personalmarkt, immer mehr werden und zu guter letzt wird auch noch die Größe der Gruppenräume immer weiter nach oben korrigiert. Das ist alles völlig richtig, um eine gute Kinderbetreuung zu gewährleisten, aber finanziell sollen alleine die Kommunen die erweiterten Vorgaben erfüllen. Der Kindergartenbedarfsplan zeigt aber deutlich, dass die Stadt Eppstein das alleine gar nicht mehr leisten kann! Im Jahr 2023 werden voraussichtlich Kindergartenplätze fehlen. Obwohl jedes Kind ein gesetzlich verankertes Recht auf einen Kindergarten-platz hat. Das sind Einzelschicksale von Familien, die gezwungen werden, sich irgendwie mit dieser Situation zu arrangieren.
Auch die Finanzierung des Kindergartenneubaus steht auf wackligen Füßen. Ursprünglich war geplant, durch Nutzung des zur Verfügung stehenden Areals auch für Wohnungsbau die Herstellungskosten mit zu finanzieren. Heimlich still und leise hat man sich aber, aus welchen Gründen auch immer, von diesem vernünftigen Plan verabschiedet. Man verzichtet auf die erheblichen Einnahmen – das gesamte Gelände gehört der Stadt – die zur Finanzierung des Neubaus der Kindertagesstätte dringend notwendig gewesen wären. Jetzt wächst dafür der Schuldenberg!
Auch auf anderen Gebieten fehlt der Stadt der Mut, durch Eigenentwicklung aus der finanziellen Notlage herauszukommen. Es fehlt an einem tragfähigen Stadtentwicklungskonzept. Bei der Planung von Eppsteins Zukunft trifft man immer mehr auf eine „das Boot ist voll“ Mentalität. Aber eine Stadt wie Eppstein ist einfach zu klein, um in Zukunft alle Probleme allein lösen zu können. Da muss auch einmal darüber nachgedacht werden, ob eine weitere Bebauung mit Ein- und Zweifamilienhäusern noch zeitgemäß ist. Es ist auch Aufgabe der Stadt, für die Bereitstellung von bezahlbarem Wohnraum zu sorgen. Bei den derzeitigen Grundstücks- und Baukosten können sich Normalverdiener in Eppstein keinen eigenen Wohnraum leisten. Private Investoren haben das längst erkannt und planen Gebäude mit vielen einzelnen Wohnungen. Diese Vorgehensweise ist aber bei der Stadt bei der Aufstellung von Bebauungsplänen noch nicht angekommen. Hier scheut man schon vor der Ausweisung von Häusern mit drei Wohneinheiten zurück und wenn es dann doch Flächen hierfür gibt, wird die geplante Neufassung der Stellplatzsatzung das möglicherweise verhindern, indem die Anzahl der Stellplätze pro Wohneinheit zu hoch angesetzt wird. Wir treten dafür ein, dass eine Umwandlung von Einfamilienhäusern zu Mehrfamilienhäusern nicht durch die Stellplatzsatzung verhindert wird.
Man spricht weiter gerne von Innenverdichtung, aber ein klares Konzept zur Stadtentwicklung wie „Eppstein 2050“ fehlt! Auch eine mittel- und langfristige Veränderung der Einkommenslage der Stadt Eppstein ist nicht vorgesehen. Das alte Muster der Ausweisung von Gewerbegebieten scheitert an der Topografie. Lediglich eine geringfügige Erweiterung im Stadtteil Bremthal erscheint möglich. Was tun andere Kommunen? Viele Gemeinden beteiligen sich an den Ertragspotenzialen, die durch den Einsatz erneuerbare Energien entstehen. Bei diesem Thema werden wir weiterhin Druck machen. Denn ein weiter so ist angesichts der Klimakrise nicht möglich. Wir alle, auch hier in unserem kleinen Eppstein, tragen die Verantwortung dafür, dass unsere Enkel noch ein lebenswertes Leben genießen können. Mit anderen Worten: Es muss eine neue Sichtweise auf alle politischen Vorhaben der Stadt her!
Nachdem die Grünen mit der Schaffung eines Klimamanagers gescheitert sind, müssen diese Aufgaben so gut es geht von der bestehenden Verwaltung gemeistert werden. Es kann nicht sein, dass unsere Anträge aus dem Frühjahr bezüglich Prüfung von Möglichkeiten für Photovoltaik- und auch Windkraftanlagen
in der Stadt und das Thema Dachbegrünung mit dem Verweis auf den Klimamanager erst vertagt worden sind und jetzt still und leise in der Schublade verschwinden! Lassen Sie uns bitte alle zusammen jeden Stein hier umdrehen, um die Klimawende auch hier Vorort mit zu unterstützen.
Es gibt viele Möglichkeiten für die Gemeinden, dabei sogar auch die Einnahmen zu erhöhen. Das reicht von der Verpachtung von Flächen bis zum Betrieb eigener Anlagen. Auch hier fehlt es der Stadt an einem klaren Konzept. Nur schleppend hat man sich an dem Plan der Entwicklung von Anlagen im Bereich der „Mark“ beteiligt und das auch nur, weil durch die Veränderung der Mehrheitsverhältnisse in der Nachbargemeinde Niedernhausen im wahrsten Sinne des Wortes „frischer Wind“ in die Sache kam. Bis dahin hatte man sich lediglich Gedanken um die Erhaltung von Blickachsen gemacht und einen „Nichtangriffspakt“ mit Niedernhausen beschlossen. Sieht man sich die Beschlüsse in der Gemeindevertretung von Niedernhausen an, erkennt man die Möglichkeiten, die auch kleine Kommunen bei der finanziellen Beteiligung an der Erzeugung erneuerbarer Energien haben. Es gibt in Deutschland Kommunen, die sich ganz aus solchen Einnahmen finanzieren. Im Haushalt der Stadt Eppstein ist davon nichts zu sehen. Auch die zentrale Erzeugung von Wärme für alle Haushalte, anstelle von separaten Heizungsanlagen für jedes Gebäude, sollte zumindest einmal angedacht werden. Es gibt viel zu tun, deshalb raus aus dem Schlafwagen!
Und ja, da gibt es ja noch ein anderes Herzensthema der SPD, die Radwege. Wir freuen uns, dass es beim Radweg nach Wildsachsen vorangeht, aber zwei Jahre nach der von uns initiierten Demonstra-tion für einen Radweg von Eppstein nach Bremthal ist bis jetzt immer noch nicht viel Konkretes rausgekommen. Der Hinweis auf die lange dauernden Planverfahren kann unserer Meinung nach nicht greifen. Es ist dem Bürger nicht verständlich zu machen, dass solche Planungen zwischen fünf und zehn Jahren dauern. Die Art und Weise, wie Hessen Mobil mit solchen wichtigen Infrastrukturmaßnahmen umgeht, erleben wir ja jetzt auch am Beispiel von Lorsbach.
Zurück zu unserer prekären Haushaltsituation: Zur Verbesserung der derzeitigen Haushaltsituation haben wir eine moderate Erhöhung der Gewerbesteuer gefordert. In den 4 Nachbargemeinden um Eppstein herum hat Niedernhausen einen Gewerbesteuersatz von 410, Glashütten ebenso 410, Kelkheim 360 und Hofheim 370, deshalb plädieren wir für die Erhöhung von 360 auf 380. Dieser Antrag wurde leider von allen anderen Fraktionen abgelehnt. Bei der erheblichen Erhöhung der Grundsteuer vor einiger Zeit war man nicht so zimperlich und was die Grundsteuerreform im Jahre 2025 bringen wird, ist auch noch ungewiss. Günstiger wird es für den Bürger mit Sicherheit nicht. Sollte das Gesetz auch die Einführung einer Grundsteuer C vorsehen, also die Besteuerung von nicht genutzten, zur Bebauung vorgesehenen Grundstücken, erklärt die SPD schon jetzt, dass sie die Einführung in Eppstein befürwortet. Vielleicht schafft das die für die Innenverdichtung vorgesehenen Möglichkeiten.
Wie kommt eine Stadt wie Eppstein in der heutigen Zeit unter den gegebenen Umständen überhaupt in die Nähe eines ausgeglichenen Haushaltes? Wenn man schon keine neuen Einnahmen generiert, muss man die Ausgaben auf das absolute Mindestmaß reduzieren. Ein gutes Beispiel sind hier die Kosten für die Instandhaltung unseres städtischen Straßennetzes. Wir haben vor einiger Zeit ein Pavement-Managementsystem erarbeiten lassen, das uns zeigt, wann es für die Stadt finanziell am günstigsten ist, eine Straßen-decke zu sanieren, bevor dann später eine teure grundhafte Erneuerung notwendig wird. Im neuen Haushalt hat man diese Position, immerhin rund 250 T-Euro pro Jahr, ersatzlos gestrichen. Lediglich ca. 50 T-Euro für die Beseitigung der gröbsten Winter-schäden sind noch vorgesehen. Planvolles Handeln sieht mit Sicherheit anders aus. Und der Zustand unserer Straßen verschlechtert sich immer weiter.
Es gibt mit Sicherheit noch weitere Positionen, die man an dieser Stelle erwähnen könnte, aber das ändert an den gegebenen Tatsachen auch nichts. Wie soll die SPD im Endeffekt mit dem vorgelegten Haushalt umgehen. Zustimmen und die ganzen aufgeführten Fehlentwicklungen absegnen? Mit Sicherheit nicht.
Wir tragen zwar die eine oder andere Ausgabe mit, aber das große Ganze geht in die falsche Richtung. Wir honorieren auf jeden Fall die enorme Leistung, die bei der Aufstellung des Haushaltes Jahr für Jahr, trotz der angespannten Personaldecke und der Beeinflussung durch äußere Einflüsse, von unserer Verwaltung erbracht wird. Trotzdem haben wir uns für eine Ablehnung des vorgelegten Haushalts entschieden. Diese Entscheidung ist uns nicht leichtgefallen und wir werden auch weiter aktiv an der Lösung der aufgezeigten Probleme mitarbeiten. Vielleicht ändert sich ja im Herbst 2023 nach der Landtagswahl grundsätzlich etwas an der finanziellen Situation der Kommunalfinanzen in Hessen
Dr. Thomas Schäfer, Fraktionsvorsitzender